4.2 Selbstorganisation und Zeitmanagement

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Beinahe jede und jeder steht heute unter Stress, seien dies qualitative Belastungen, wie Überforderung oder Ängste, sei dies Zeitstress. Manager klagen über dieses Symptom besonders häufig. Ob überlastete Chefs ihren Zustand wohl alleine einer unzureichenden Arbeitsorganisation zuzuschreiben haben? Der Autor ist der Meinung, nicht zuletzt aufgrund reichhaltiger eigener Erfahrung, dass es Ausnahmesituationen gibt, die sich auch durch ein überdurchschnittliches Arbeitspensum nicht mühelos bewältigen lassen. Treffen verschiedene belastende, in der Form nicht voraussehbare Momente aufeinander, kann eine Summe an nicht delegierbaren Aufgaben resultieren, die zermürben kann. Wird diese Situation indessen zum Dauerzustand, kann dies nicht mehr auf äussere Umstände alleine zurück geführt werden. Hier dürften Grundregeln des Zeitmanagements verletzt worden sein.

Analyse des Zeitmanagements

Wer mit seinem Zeitmanagement nicht im Reinen ist, sollte sich dazu entschliessen, dieses kritisch unter die Lupe zu nehmen. Die detaillierte Aufgabenplanung mit Aufwandschätzungen in Stunden – über eine gewisse Zeit konsequent geführt – wird wertvolle Hinweise auf Optimierungsmöglichkeiten liefern. Teil der Analyse ist es, die Aufgabenprioritäten kritisch zu hinterfragen und den notwendigen Perfektionsgrad sowie die Delegationsmöglichkeiten der Aufgaben zu ermitteln.

Die Erfahrung zeigt, dass unter besonders hohem Druck die Bereitschaft zur Vereinfachung, zum Liegenlassen und zur Delegation steigt. Nach einer entsprechenden Stressphase wird man feststellen, dass eine Reihe zurückgestellter Jobs sich tatsächlich von alleine erledigt haben oder dass sich deren Bedeutung stark relativiert hat.

Aufgabenklassifizierung

Aufgaben lassen sich nach folgendem, weit verbreitetem Raster priorisieren:



Abb. C 4.1 Klassifizierung des Aufgabenportfolios

Teil dieser Prioritätensteuerung ist, jede Aufgabe von aussen konsequent auf deren Notwendigkeit und das Aufwand/Nutzen-Verhältnis zu überprüfen, nach Vereinfachungen zu suchen oder den Auftrag freundlich, aber bestimmt und begründet zurückzuweisen. Fehlen Informationen zum Hintergrund und Zweck des Jobs, werden Aufträge vielfach übererfüllt oder falsch ausgeführt. Klare, gegenseitig abgesprochene Aufträge sind deshalb ein zentrales Element des Zeitmanagements. Immer nur Ja zu sagen, widerspricht häufig auch den Interessen des Auftraggebers. Das Maske-23-Prinzip kommt also auch hier voll zum Tragen! Dasselbe gilt für das 0. Gebot: Was durch konsequente Anwendung dieser einfachen Weisheit an Einsparungen möglich ist, lässt sich kaum ermessen.

Ursachen von Zeitdruck

Zeitdruck entsteht vielfach dadurch, dass Zeitschätzungen fehlen oder unrealistisch sind. Der Vergleich der Planaufwände mit den Ist-Werten über einen gewissen Zeitraum deckt den chronischen Optimismus, der vielen Menschen eigen ist, schonungslos auf. Eine solche Analyse über einige Tage oder Wochen wird wertvolle Hinweise auf Optimierungsmöglichkeiten liefern.

Eine weitere Ursache, weshalb Termine nicht eingehalten werden, liegt, nebst der Unterschätzug des Aufwandes, in den Störungen – Telefonate oder «dringende» Kleinaufgaben von oben sind hier typische Beispiele. Und schliesslich führt auch mangelnde Planung und Koordination zu Effizienz- und Zeitverlust. Werden Aufgaben zu spät delegiert oder in Angriff genommen, führt dies zu Hektik, zu Fehlern und unnötigem Stress. Klassische Zeitfresser sind schliesslich Besprechungen. Häufig lässt die Sitzungseffizienz zu wünschen übrig, vielfach liesse sich die Teilnahme an einer Sitzung ersatz- und folgenlos streichen.

Tipps

Tipps für das Management der eigenen Ressource.

  • Bei jeder Aufgabe, gerade auch bei solchen, die zur Routine gehören, immer wieder kritisch hinterfragen, ob diese überhaupt und wenn ja in welcher Qualität benötigt wird. Jede Aufgabe muss durch einen entsprechenden, nachweisbaren Nutzen gerechtfertigt sein.
  • Anspruchsvolle konzeptionelle Arbeit lässt sich in einem Umfeld von Hektik und Tagesgeschäft nur sehr schwer leisten. Für solche kreative Arbeit ist je nach Geschmack das sehr konsequente Einschliessen ins Büro mit Störverbot, die Verlagerung der Arbeit nach Hause (halt auch mal abends), der vorübergehende Bezug eines anderen Büros/Arbeitsortes oder die Ausnutzung einer Bahnfahrt oder Flugreise angesagt.
  • Das Thema Ablageorganisation – physisch und elektronisch – hat einen engen Zusammenhang mit dem Zeitmanagement. Das Suchen oder gar Neuerstellen existierender Dokumente gehört zu den nervenden und zeitraubenden Beschäftigungen des gestressten Projektleiters oder Managers. Hier ist zu beachten, dass dieses Thema nicht auf individueller Basis gelöst, sondern mit den Strukturen der Organisationseinheit abgestimmt werden sollte. Ein neues Chaos – jenes im Team – und Zeitverluste sind sonst vorprogrammiert.

To-do-Listen

Ein geordnetes und effizientes Management der eigenen Tasks sollte mit einem Werkzeug unterstützt werden. Mittels Excel, Outlook, dem Projektplanungstool oder spezifischer Aufgabenverwaltungs-Software erstellte To-do-Listen – in der Schweiz unter dem Begriff «Pendenzenliste» bekannt – sind hier ein Muss. Die Grafik zeigt einen Ausschnitt aus einer solchen Liste. Auf das nach wie vor unzureichende Software-Angebot in diesem Bereich wird in E 2.6 hingewiesen. Die heutigen Lösungen stellen Inseln dar, die das TaskManagement nach wie vor nicht in ihrer Gesamtheit erfassen. Ganz besonders gilt dies für die Arbeit im Team. Dies ist aber kein Grund, nicht wenigstens das zu tun, was sinnvoll und bereits heute möglich ist.



Abb. C 4.2 To-do-Liste

Die Werkzeugunterstützung macht vor allem auf der Makroebene des Zeitmanagements Sinn, im mittel- und längerfristigen Bereich. Dazu gehört alles, was über den Zeithorizont von 1 bis 2 Wochen hinausreicht. Die Mikroebene befasst sich demgegenüber mit dem Nahbereich der Zeitachse, mit dem Heute und den folgenden 5 bis 10 Arbeitstagen. Ob auch dieser Zeithorizont mit Software unterstützt wird oder die alte Papiermethode zum Einsatz kommt, ist zu einem guten Teil Geschmackssache.

Lebensqualität bewahren

Ganze Philosophien und Lebensweisheiten sind um das Thema Arbeitsorganisation und Zeitmanagement in den vergangenen Jahrzehnten entstanden. Alle wollen dasselbe: Ruhe, Konstanz und damit letztlich Effizienz und Qualität, aber auch Befriedigung, in die Arbeit bringen. Man mag eine überzogene Organisation und Ordnung im persönlichen Bereich ablehnen. An diesem Thema immer wieder zu arbeiten, wird sich jedoch bezahlt machen. Dies ist nicht nur eine Frage des betriebswirtschaftlichen Nutzens, sondern auch einer verbesserten Lebensqualität.