3.2 Situationsanalyse

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Die Situationsanalyse umfasst sowohl den unmittelbaren Projektgegenstand als auch das nähere und weitere Umfeld des Projektes, soweit dieses für die Gestaltung des Projektes von Bedeutung ist. Je nach Projektart und Ausgangslage liegt das Schwergewicht eher auf der Analyse des bestehenden Systems und von Problemen oder im Bereich des Umfeldes und der Prognose desselben.

Zweck

Bei der Situationsanalyse geht es darum, jene Informationen über den aktuellen Zustand, die Ist-Situation, zusammenzutragen und zu durchleuchten, die für die anschliessende Gestaltung des Systemes von Bedeutung sind. Sie führt zu einem ausreichenden Verständnis der Problem-/Aufgabenstellung sowie des Freiheitsgrades für die neue Lösung. Die Situationsanalyse berücksichtigt nicht nur das, was bisher war und heute ist, sondern auch die erwartete Zukunft, zeigt Trends auf und beinhaltet Prognosen. Sie ist ausserdem offen und neutral bezüglich der Ziele und Lösungen.

Charakter der Situationsanalyse

Aufgabenstellungen können aus einer Problemsituation im klassischen Sinn entstehen. Ein Beispiel hierfür ist die Verzögerung des Baubeginnes für das Automobilwerk aufgrund einer extremen Schlechtwetterphase. Ein weiteres Beispiel dieser Art der Aufgabenstellung – der klassischen Problemlösung – wäre die Redimensionierung des Unternehmens TopSystems, die durch einen Markteinbruch im Bereich integrierter Schaltungen erzwungenen wird.

Die andere, meist angenehmere Form von Aufgabenstellungen mit Projektcharakter besteht darin, ohne Zwang etwas Neues zu schaffen, etwas, das in dieser Form noch nicht existiert. Man könnte diese Art von Projekten als Chancenprojekte bezeichnen. hyperWeb ist ein klassischer Vertreter dieser Art der Neugestaltung.

Übersicht Instrumente

Die Art der Aufgabenstellung hat Auswirkungen auf die Bedeutung und den Inhalt der Situationsanalyse. Die folgende Tabelle zeigt, dass bei der Neugestaltung von Systemen einzelne Elemente wegfallen. Sie enthält zudem Hinweise auf konkrete Methoden der Situationsanalyse.



Abb. C 3.3 Instrumente der Situationsanalyse

Umwelt- und Umfeldanalyse

Eine besondere Bedeutung kommt in der Mehrzahl der Projekte der Umwelt- und Umfeldanalyse zu. Wenngleich diese ein selbstverständlicher Teil des Problemlösungsprozesses ist, wird ihr häufig nicht die notwendige Beachtung geschenkt. Die zunehmende Dynamik von Technik, Markt, Wirtschaft und Gesellschaft machen Umfeldbetrachtungen für die meisten Projekte zum Muss. Für viele Projekte besonders wichtig ist die Analyse der «Stakeholder», aller Personen und Gruppen, die vom Projekt betroffen sind oder daran ein Interesse haben oder haben könnten. Ganze Methoden sind um dieses Thema und um die Umfeldanalyse in den vergangenen Jahren entstanden.

Tiefgang wählen

Bei der Analyse der Situation das richtige Mass, den richtigen Tiefgang zu finden, ist oft schwierig. Es macht keinen Sinn, ein bestehendes System, z.B. die Cafeteria, in allen Details zu analysieren und zu beschreiben, wenn bereits klar ist, dass diese vollständig ausgehöhlt und von Grund auf neu konzipiert werden soll. Wichtig ist auch, die Situationsanalyse an den Projektfortschritt anzupassen. In der Vorstudie werden weniger Informationen benötigt als in der anschliessenden Konzeptphase. Am Beispiel hyperWeb: In der Vorstudie werden erste Kundenkontakte geknüpft und einfach zugängliche Marktdaten ermittelt. In der Konzeptphase könnte eine repräsentative Marktstudie angezeigt sein, die wesentlich mehr in die Tiefe geht. Wie weit die Situationsanalyse im gegebenen Fall und in der jeweiligen Projektphase gehen soll, beantwortet sich aufgrund von Erfahrung und gesundem Menschenverstand.

Empfehlungen

Die folgende Checkliste mit einigen Empfehlungen zur Situationsanalyse soll dieses Thema beschliessen:

  • Nicht alles rund um das Projekt ist wissenswert. Zu viel Information kann dazu führen, Wichtiges zu übersehen.
  • Informationen zum bestehenden System und zur Umwelt sollten stufenweise vertieft werden, aus dem jeweils aktuellen Informationsbedarf heraus.
  • Informationen zum bestehenden System können sehr wichtig, fallweise aber auch irrelevant, ja sogar hemmend sein. Um völlig neue Ansätze zu erkennen, kann eine möglichst vollständige Lösung vom Ist-Zustand auch vorteilhaft sein.
  • Die Beschaffung der erforderlichen Informationen erfordert meist keine anspruchsvollen oder aufwändigen Methoden. Häufig reichen hierzu das Studium bestehender Dokumente, Gespräche mit ausgewählten Personen und die konsequente Anwendung des 0. Gebotes aus.
  • Der Umfeld-/Umweltanalyse kommt in den meisten Projekten ein besonderer Stellenwert zu. Vor allem die Ermittlung möglicher Projektförderer, aber auch potenzieller Bremser oder Verhinderer, kann für den Projekterfolg zentral, ja ausschlaggebend sein.